26. März 2025, 12 bis 15 Uhr
im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
HANNOVER. Dass Wasserstoff zum Energiemix der Zukunft gehört, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Doch in der Praxis tut er sich als Energieträger noch schwer – insbesondere in der
industriellen Produktion in
kleinen und mittleren Unternehmen. „Prozesswärme ist der wichtigste Energieverbrauch der Industrie und wird heute größtenteils noch durch fossile Energieträger abgedeckt. Gerade bei
energieintensiven Prozessen ist
Wasserstoff eine der wenigen Optionen, um diese zu dekarbonisieren“, erklärte Dr. Sonja Hieß, Projektmanagerin Wasserstoff beim „ HydroHub“ der TÜV NORD GROUP, beim 27.
WirtschaftsDienst Forum. Rund 50 Entscheidungsträger waren Ende März der Einladung des WirtschaftsDienstes in den Großen Sitzungssaal des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr,
Bauen und Digitalisierung (MW) gefolgt, um über „Wasserstoff – Chance für den Mittelstand?“ zu diskutieren. „In günstigen Rahmenbedingungen kann eine Eigenerzeugung von Wasserstoff bereits heute
wirtschaftlich sein“, zeigte die Chemikerin an einem Beispiel in der Metallverarbeitung auf. Dabei müssten jedoch sowohl der Einsatz als auch mögliche Förderungen individuell betrachtet werden.
Die individuelle und vor allem frühzeitige Planung einer eigenen Wasserstoff-Erzeugung sieht auch Peter Michael Holzapfel, Senior Consultant Hydrogen Industry bei der Siemens AG,
als Voraussetzung für die Anwendung. „Eine fundierte Planung und Simulation der Anlage sichert den Erfolg beim Betrieb. Eine harmonisierte Automatisierungsstruktur vermeidet Komplexität und
Schnittstellen“, so der Experte aus Stuttgart. Bedeutend für eine optimale Betriebsstrategie sei die Durchgängigkeit der Daten von der Planungsphase über die Errichtungsphase bis zum Betrieb.
Ermöglicht werde dies durch einen digitalen Zwilling der künftigen Anlage, der sogar für Schulungen genutzt werden könne.
„Wasserstoff gemeinsam angehen“
Warum viele Unternehmen trotz der Verfügbarkeit der Technologie vor dem Einsatz immer noch zurückschreckten, wurde in der Diskussion deutlich. Jens Asmuth, Geschäftsführender
Gesellschafter der JA-Gastechnology GmbH aus Burgwedel und seit über 20 Jahren mit aktuell 120 Beschäftigten international mit Wasserstoff-Anwendungen erfolgreich, sieht vor allem die mangelnde
finanzielle Planbarkeit als große Hürde. „Unser Problem ist vor allem der Strompreis“, der die Herstellung von Wasserstoff in Deutschland immer noch teurer mache als den Einsatz fossiler
Energieträger. Gleichzeitig gab er sich überzeugt, dass der
Wendepunkt in naher Zukunft kommen werde. „Wer jetzt auf Wasserstoff setzt, sollte dies nicht aus finanziellen Gründen tun, sondern, um Erfahrungen mit der
Technologie zu sammeln“, wirbt Asmuth. Mit einem baldigen Durchbruch rechnet auch Christoph Imdahl, Gruppenleiter beim Fraunhofer-Institut für Schichtund
Oberflächentechnik IST in Braunschweig und zugleich Geschäftsstellenleiter des Wasserstoff-Campus Salzgitter e.V., einem breiten Bündnis von Akteuren aus Stadt, Region Politik, Wirtschaft und
Wissenschaft. Eines der Projekte ist die Umrüstung der in Salzgitter ansässigen Fabrik der Robert Bosch Elektronik GmbH auf grünen Wasserstoff und die Übertragung der Erfahrungen auf andere
Produktionsunternehmen. Einen Ratschlag konnte Imdahl jedoch bereits jetzt geben: „Suchen Sie sich Partner und gehen das Thema Wasserstoff gemeinsam an“ – sei es bei der Planung, beim Einkauf
oder auch bei der Erzeugung.
Ein Ansatz, den Lars Bobzien unterstrich. Als Referatsleiter im MW koordiniert er für Niedersachsen die „ Norddeutsche Wasserstoffstrategie“, die nach übergeordneten Themen wie dem sogenannten Kernnetz, Speicher und den Wasserstoff-fähigen LNG-Terminals auch die Anwendung in der Mobilität sowie der Produktion im Blick hat. „Für den Markthochlauf bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung dieser Wertschöpfungskette, die Planungssicherheit für Unternehmen und Investoren schafft“, beschrieb Bobzien seine Motivation und verwies auf zahlreiche positive Beispiele. „Wasserstoff ist eine Chance für den Mittelstand – nicht erst in der Zukunft, sondern bereits heute“, warb deshalb auch Frank Doods, Staatssekretär im MW, der das auch von der enercity AG, GOLDBECK, hannoverimpuls GmbH sowie Hannoversche Volksbank eG unterstützte WirtschaftsDienst-Forum in Vertretung des Ministers und Schirmherrn Olaf Lies eröffnete.
Quelle: WirtschaftsDienst Magazin 3/2025